In einem kürzlich ergangenen Urteil des Obersten Gerichtshofs wurde die Frage, wann die Verjährungsfrist von Schadensersatzansprüchen in Holland zu laufen beginnt, erneut behandelt. Wenn ein Anspruch in den Niederlanden verjährt ist, besteht keine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung mehr in Bezug auf einen Schadenersatzanspruch nach niederländischem Recht. Unsere deutschsprachigen Anwälte in den Niederlanden werden häufig mit der Frage konfrontiert, wann ein Anspruch verjährt ist und/oder wann die Verjährung eines Anspruchs noch „unterbrochen“ werden kann. Der Beginn der Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen in den Niederlanden kann unter bestimmten Umständen schwierig zu bestimmen sein. Die besonderen Umstände des Einzelfalls spielen insoweit eine wichtige Rolle.
WANN IST nach niederländischem Recht EIN SCHADENSERSATZANSPRUCH VERJÄHRT?
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in den Niederlanden verjährt der Anspruch auf Schadensersatz in fünf Jahren ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Geschädigte sowohl von dem Schaden als auch von der Person des Verantwortlichen Kenntnis erlangt hat. In jedem Fall verjährt ein Rechtsanspruch auf Schadensersatz in den Niederlanden (oder auf Zahlung einer Geldstrafe) zwanzig Jahre nach dem Ereignis, bei dem der Schaden verursacht wurde oder die Geldstrafe fällig wurde.
Es geht also um die tatsächliche Kenntnis und nicht um den bloßen Verdacht eines Schadens oder die Frage, welche Person für den Schaden haftet. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in den Niederlanden.
UNTERBRECHUNG DER Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen in den Niederlanden
Um eine Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen in den Niederlanden zu verlängern, kann die Verjährung eines Anspruch unterbrochen werden (auf niederländisch: ’stuiting‘). Die Verjährung einer Klage auf Erfüllung einer Verpflichtung in den Niederlanden wird durch eine so genannte schriftliche Mahnung oder durch eine schriftliche Mitteilung unterbrochen, in der sich der Gläubiger sein Recht auf Erfüllung unmissverständlich vorbehält.
Unsere Prozessanwälte in den Niederlanden beraten und unterstützen Sie gern bei der Versendung eines Unterbrechungsschreibens, wenn das Verstreichen einer Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen in den Niederlanden droht.
ZIVILRECHTLICHE VERJÄHRUNGSKLAGEN in den Niederlanden
In dem Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof (in dem es um eine Scheidung ging, dessen Schlussfolgerungen aber auf einen breiteren Kontext übertragbar sind) wurde argumentiert, der Schuldner habe rechtswidrig gehandelt, und er wurde zur Zahlung von Schadensersatz für den dadurch entstandenen Schaden verurteilt. In der Revision vor dem Obersten Gerichtshof ging es sodann einzig um die Frage, ob die Schadensersatzforderung des Schuldners durch den Ablauf der Fünfjahresfrist von Artikel 3:310 (1) des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs verjährt ist.
DER OBERSTE GERICHTSHOF ÜBER VERJÄHRUNG UND SUBJEKTIVEN VS. OBJEKTIVEN PRÜFUNGSMASSSTAB
In der Revision wurde gerügt, das Gericht in der Vorinstanz habe zu Unrecht ein objektives Kriterium für die Kenntnis des Schadens im Sinne von Artikel 3:310 Absatz 1 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs angewendet.
Dies ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs unzutreffend.
„Art. 3:310 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt, dass der Rechtsanspruch auf Schadensersatz fünf Jahre nach dem Beginn des Tages verjährt, der auf den Tag folgt, an dem der Geschädigte sowohl von dem Schaden als auch von der Person des Verantwortlichen Kenntnis erlangt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist das Erfordernis, dass der Geschädigte sowohl von dem Schaden als auch von der Person, die für den Schaden haftet, Kenntnis erlangt hat, als tatsächliche Kenntnis auszulegen, so dass die bloße Vermutung des Vorliegens eines Schadens oder die bloße Vermutung, welche Person für den Schaden haftet, nicht ausreicht. Die Verjährungsfrist des Art. 3:310 (1) des Bürgerlichen Gesetzbuchs beginnt erst am Tag nach dem Tag, an dem der Geschädigte tatsächlich in der Lage ist, eine Klage auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens zu erheben. Dies ist der Fall, wenn der Geschädigte hinreichende Gewissheit darüber erlangt hat – die nicht absolut sein muss -, dass der Schaden durch die Unzulänglichkeiten oder das fehlerhafte Verhalten der beteiligten Person verursacht wurde. Die Antwort auf die Frage, wann die Verjährungsfrist zu laufen begann, hängt von den jeweiligen Umständen des Falles ab.
INSTANZGERICHT WENDET BEI DER FRAGE DER VERJÄHRUNG EINEN UNRICHTIGEN MASSSTAB AN
Der Oberste Gerichtshof entschied, dass das Gericht in der Vorinstanz entgegen dieser Rechtsnorm einen unrichtigen Prüfungsmaßstab angelegt hatte. Das Gericht der Vorinstanz hatte nämlich für den Beginn der Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen in den Niederlanden auf das abgestellt, was man „vernünftigerweise hätte wissen können und müssen“ (Grund 3.3):
„Das vorinstanzliche Gericht hat in Rn. 5.7 erwogen, dass die Ehefrau oder zumindest ihre Rechtsberater dem Schreiben vom 12. Juni 2008 vernünftigerweise entnehmen konnten oder hätten entnehmen müssen, dass der Ehemann um den 1. Januar 2005 herum neben dem Vorschuss von 600.000 € weitere Kulanzansprüche hatte. Das Gericht folgte der Ehefrau nicht in ihrem Argument, dass das Schreiben, beurteilt nach der damaligen Situation, auch hinsichtlich der Höhe der zuerkannten Kulanzansprüche unterschiedlich ausgelegt werden kann. Das Gericht vertrat insoweit die Auffassung, eine vernünftige Auslegung dieses Schreibens impliziere, dass daraus abgeleitet werden könne, dass die finanziellen Bindungen durch die Übertragung der Goodwilla-Forderungen auf die Stichting Gesde gelöst worden seien. Dass die Ehefrau das Schreiben anders interpretiert hat und daher aus diesem Schreiben und den anderen vom Ehemann im Jahr 2008 vorgelegten Unterlagen geschlossen hat, dass sich die Goodwill-Forderungen auf 600.000 € belaufen, musste nach Ansicht des Gerichts zu ihren Lasten gehen.
Sollten diese Erwägungen des vorinstanzlichen Gerichts dahingehend zu verstehen sein, dass es für den Beginn der Verjährungsfrist ausreicht, dass die Ehefrau den Schaden kennen konnte oder hätte kennen müssen, ist das vorinstanzliche Gericht von einer unzutreffenden Rechtsauffassung ausgegangen.“
DER GESCHÄDIGTE MUSS TATSÄCHLICHE KENNTNIS VON SCHADEN UND SCHÄDIGER HABEN
Damit der Geschädigte über tatsächliche Kenntnis verfügt, muss er hinreichend sicher sein, dass ein Schaden eingetreten ist. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs muss es sich dabei zwar nicht um eine absolute Gewissheit handeln, aber sie könne auch nicht so weit gehen, dass der Geschädigte dies „hätte wissen müssen“, sodass ein rein objektiver Maßstab maßgeblich wäre. Maßgeblich sind vielmehr ein subjektiver Maßstab und außerdem die objektiven Umstände des Falles.
ZWEITE STELLUNGNAHME ZUM BEGINN DER VERJÄHRUNGSFRIST BEI SCHADENSERSATZANSPRÜCHEN
Unter Umständen wurde Ihnen zuvor mitgeteilt, Ihr Fall habe keine Aussicht mehr Erfolg, weil Ihr Anspruch verjährt sei. Eine zweite Prüfung kann möglicherweise zu dem Ergebnis führen, dass Ihr Anspruch nicht verjährt ist und die Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen noch nicht oder erst später begonnen hat. Schließlich ist dies kein objektives Kriterium, sondern muss subjektiv betrachtet werden. Lassen Sie sich dazu von einem erfahrenen Anwalt für Prozessrecht beraten.
Niederländischer FACHANWALT FÜR VERJÄHRUNGSRECHT
Möchten Sie sich über die Verjährungsfristen von Schadenersatzansprüchen in Holland informieren? Dann wenden Sie sich an die Prozessrechtsanwälte Remko Roosjen oder Sander van Someren Gréve von MAAK Advocaten. Wir können Sie bei der Einleitung eines Verfahrens unterstützen oder Sie bei der Frage beraten, ob eine Forderung verjährt ist. Sie können uns unter den folgenden Kontaktdaten erreichen: