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Untersuchungs­pflicht beim Kauf eines Pferdes in den Niederlanden

In einem kürzlich ergangenen Urteil des Obersten Gerichtshofs über den Verkauf eines (klassischen) Schiffes werden die Offenlegungs- und Untersuchungspflicht beim Kauf eines Pferdes in den Niederlanden diskutiert. Unsere Anwältin für Pferderecht in den Niederlanden Maud van den Berg ist der Ansicht, dass dieses Urteil auch für Verkäufer von Pferden besonders relevant ist. Die Entscheidung im Rahmen des betreffenden Urteils lautet im Wesentlichen, dass die Offenlegungspflicht des Verkäufers schwerer wiegt als die Untersuchungspflicht des Käufers – grundsätzlich auch dann, wenn ein Käufer ein Pferd nicht tierärztlich untersuchen lässt, ihm aber ausdrücklich die Möglichkeit dazu gegeben wurde.

In diesem Blog erläutert unsere Anwältin in den Niederlanden, Maud van den Berg, daher anhand eines Beispiels, dass insbesondere (gewerbliche) Pferdeverkäufer von einer Übertragung dieses jüngsten Urteils auf die Pferdepraxis profitieren werden. Selbstverständlich werden im Folgenden auch die Offenlegungspflicht und die Untersuchungspflicht nach niederländischem Recht kurz erläutert. Darüber hinaus werden die möglichen Folgen einer Verletzung der Offenlegungspflicht dargestellt. Denn wenn ein Käufer zu Recht vor Gericht geht, sind die (finanziellen) Folgen unter Umständen enorm.

AUSKUNFTSPFLICHT UND UNTERSUCHUNGSPFLICHT IN DEN NIEDERLANDEN

Beim Kauf eines Pferdes kann sich der Käufer auf die Richtigkeit der Angaben des Verkäufers verlassen. Der Verkäufer muss dem Käufer sämtliche Informationen korrekt übermitteln, die für den Kauf relevant sein können. Dies bezeichnet man als sogenannte Offenlegungspflicht.

Wenn der Käufer Zweifel an den Eigenschaften eines Pferdes hat oder bestimmte Informationen einholen möchte, die für die Kaufentscheidung von Bedeutung sein können, muss er selbst Nachforschungen anstellen. Dies wird als Untersuchungspflicht beim Kauf eines Pferdes in den Niederlanden bezeichnet.

Die Offenlegungspflicht und die Untersuchungspflicht sind insoweit miteinander verknüpft. Die Frage, ob der Käufer eines Pferdes zu wenig über die Eigenschaften (oder den Gesundheitszustand) des Pferdes recherchiert hat, oder ob der Verkäufer zu Unrecht bestimmte Informationen nicht an den Käufer weitergegeben hat, spielt beim Kauf und Verkauf von Pferden eine große Rolle.

In der Tat kommt es häufig vor, dass Käufer eines Pferdes enttäuscht sind. In einem solchen Fall ließe sich argumentieren, dass das Pferd nicht seinen berechtigten Erwartungen entspricht oder dass der Verkäufer die Eigenschaften des Pferdes falsch dargestellt hat. Der Käufer behauptet damit, dass das Pferd nicht dem Vertrag entspricht oder dass er sich über die Eigenschaften des Pferdes geirrt hat. In diesem Fall stellt sich daher häufig die Frage, ob die Parteien ihrer Auskunfts- und Untersuchungspflicht nachgekommen sind. In einem Gerichtsverfahren hat das Gericht über diese Frage entscheiden.

AUSKUNFTSPFLICHT HAT VORRANG VOR UNTERSUCHUNGSPFLICHT IN DEN NIEDERLANDEN

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs („Hoge Raad“) (des höchsten Gerichts in den Niederlanden) kommt es darauf an, dass eine Partei, die der anderen Partei vor dem Vertragsabschluss bestimmte Informationen hätte geben müssen, um zu verhindern, dass die andere Partei einen Irrtum begeht, nach Treu und Glauben in der Regel nicht geltend machen kann, dass die andere Partei den Irrtum mitverschuldet hat, um eine Irrtumsanfechtung abzuwehren. Kurz gesagt, ein Käufer darf sich auf die Richtigkeit der Mitteilungen des Verkäufers verlassen. Die Auskunftspflicht des Verkäufers hat somit Vorrang vor der Untersuchungspflicht des Käufers. Wenn ein Käufer Zweifel hat oder etwas mit Sicherheit wissen will, muss er selbst weitere Nachforschungen anstellen. Es sollte daher nicht darauf ankommen (wie das Gericht in dem fraglichen klassischen Schiffsfall entschied), welche Partei die Hauptschuld trägt.

AUSWIRKUNGEN DES JÜNGSTEN URTEILS ÜBER DIE NICHTKONFORMITÄT EINES PFERDES

Unsere Anwältin für Pferderecht in den Niederlanden, Maud van den Berg, geht davon aus, dass dieses jüngste Urteil des Obersten Gerichtshofs besondere Auswirkungen auf Streitigkeiten hinsichtlich der Vertragskonformität eines Pferdes haben wird. Die jüngste Entscheidung lautet im Wesentlichen dahingehend, dass die Offenlegungspflicht des Verkäufers schwerer wiegt als die Nachforschungspflicht des Käufers. Grundsätzlich gilt daher: Auch wenn ein Käufer ein Pferd vor dem Kauf nicht tierärztlich untersuchen lässt, gibt der Verkäufer dem Käufer die Möglichkeit, dies zu tun.

Angenommen:

Der Käufer eines fast vier Jahre alten Jungpferdes lässt das Pferd vor dem Kauf nicht untersuchen. Das Pferd war im Alter von drei Jahren umfassend untersucht (sowohl klinisch als auch röntgenologisch) und für den vorgesehenen Verwendungszweck (Dressurreiten) für geeignet befunden worden. Nachdem sich das Pferd mehrere Monate bei dem Käufer befindet, stellt sich heraus, dass das Pferd eine schwere Verletzung am Hals hat und dass dieses Problem zum Zeitpunkt des Kaufs möglicherweise durch eine Röntgenuntersuchung hätte erkannt werden können.

Schließlich stellt sich heraus, dass der Reiter, der das Pferd auf Anweisung des Verkäufers gesattelt hatte, den Verkäufer darüber informierte, dass das Pferd bei einer Gelegenheit, schwer in der Trense hing. Das Pferd schüttelte dann während des Reitens häufig den Kopf und hatte offensichtlich besondere Schwierigkeiten, die Zäumung zu halten. Das Pferd wurde daraufhin auf Wunsch des Verkäufers mehrere Monate lang auf der Weide gehalten und anschließend verkauft.

In diesem Fall hätte also die Auskunftspflicht grundsätzlich Vorrang vor der Nachforschungspflicht
des Käufers. Der Vorfall und das Kopfschütteln sind wichtige Informationen für den Käufer, und es ist plausibel, dass der Käufer auf Grundlage dieser Mitteilung das Pferd etwa erneut hätte röntgen lassen oder sogar vom Kauf abgesehen hätte. Das bedeutet, dass der Verkäufer dem Käufer den Vorfall und das Kopfschütteln hätte mitteilen müssen: die Aufklärungspflicht. Da der Verkäufer dies nicht getan hat, kann er sich nicht mit dem Argument verteidigen, dass der Käufer das Pferd nicht hat untersuchen lassen (und somit seiner Untersuchungspflicht nicht nachgekommen sei) und dass die Falschdarstellung auf das Risiko des Käufers geht. Mit anderen Worten: Der Käufer kann die Anfechtung im Falle mangelnder Vertragskonformität eines Pferdes erfolgreich geltend machen, auch wenn er das Pferd vor dem Kauf nicht untersuchen ließ und die Verletzung auf Röntgenbildern zu erkennen gewesen wäre (siehe Erläuterung der Rechtsmittel unten).

Dieses jüngste Urteil des Obersten Gerichtshofs ist daher eine wichtige Mahnung für Pferdeverkäufer, die Käufer ordnungsgemäß zu informieren und die entsprechenden Mitteilungen auch eindeutig im Kaufvertrag festzuhalten.

Damit wird verhindert, dass der Käufer später bestreitet, dass der Verkäufer bestimmte Tatsachen oder Umstände mitgeteilt hat. Wenn dies nicht nachgewiesen werden kann, ist der Verkäufer der Verlierer.

RECHTSMITTEL BEI NICHTKONFORMITÄT NACH NIEDERLÄNIDSCHEM RECHT

Ein Käufer kann mehrere Maßnahmen ergreifen, wenn er glaubt, dass ein Pferd nicht vertragskonform ist. In Betracht kommen etwa ein Rücktritt vom Kaufvertrag oder die Anfechtung des Vertrags. Im Falle eines berechtigten Rücktritts oder einer Anfechtung muss der Verkäufer dem Käufer den Kaufpreis zurückerstatten. Oder der Käufer hat Anspruch auf eine erhebliche Minderung des Kaufpreises.

In einigen Fällen kann ein Käufer auch Schadensersatzansprüche geltend machen. Ein Beispiel: Der Käufer hat sich 18 Monate lang um das Pferd gekümmert und dabei Kosten verursacht (Unterbringung, Tierarzt, Hufschmied, Futter usw.). Unter Umständen kann ein Käufer sogar eine Entschädigung für unnötig entstandene Kosten verlangen, wie z. B. Startgebühren für ein Turnier, eine Klinik oder sogar eine Rechnung für einen Urlaub mit dem Pferd. Voraussetzung für Schadensersatz ist selbstverständlich, dass die Schäden durch eine Rechnung oder ähnliches nachgewiesen werden kann.

Kurz gesagt, es gibt mehrere Rechtsmittel im Falle fehlender Vertragskonformität eines Pferdes, und der Verkäufer kann von einem Gericht zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt werden.  

ANWALT FÜR PFERDERECHT IN DEN NIEDERLANDEN BEAUFTRAGEN

Möchten Sie eine (allgemeine) Beratung zur Auskunfts- und Untersuchungspflicht beim Kauf eines Pferdes in den Niederlanden in Anspruch nehmen oder sind Sie als Verkäufer von einem enttäuschten Käufer verklagt worden in den Niederlanden? Dann wenden Sie sich gerne an unsere Anwältin für Pferderecht in den Niederlanden Maud van den Berg. Sie wird den Sachverhalt mit Ihnen besprechen und Ihre Rechtsposition erörtern.

+31 (0)20 – 210 31 38
mail@maakadvocaten.nl

Remko Roosjen

Remko Roosjen

Remko leitet das Team Handelsrecht in Amsterdam bei MAAK als Anwalt für Vertragsrecht in den Niederlanden und ist Mitglied des German Desk der MAAK. Aufgewachsen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet, kennt Remko die kulturellen und rechtlichen Unterschiede zwischen beiden Ländern und setzt dieses Wissen ein, um seine Mandanten in grenzüberschreitenden Fällen auf Deutsch optimal zu beraten und in juristischen Prozessen in den Niederlanden zu vertreten. Website Profil anschauen oder LinkedIn Profil anschauen.