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Unerlaubte Handlung

Unerlaubte Handlung nach deutschem und niederländischem Recht

Die unerlaubte Handlung im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuch zählt zu dem Gebiet der außervertraglichen Schuldverhältnisse da zwischen den beteiligten Parteien kein Vertragsverhältnis erforderlich ist. Sobald der Tatbestand der unerlaubten Handlung erfüllt ist, entsteht zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis. Mit der unerlaubten Handlung ist die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung eines Rechtsguts gemeint, durch die ein Schaden verursacht wird. Der Geschädigte kann dann einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger haben. Die Tätigkeitsbereiche unserer deutschsprachigen Rechtsanwälte in den Niederlanden reichen von der umfassenden Beratung zu strategischen Herausforderungen Ihres Unternehmens bis hin zum breiten Spektrum von Handels- und Rechtsstreitigkeiten in den Niederlanden.

Internationales Recht und unerlaubte Handlungen

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten legt die Rom-II-Verordnung fest, welches Recht im Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse anwendbar ist. Danach gilt, dass bei unerlaubten Handlungen das Recht des Staates anwendbar ist, in dem der Schädiger die schädigende Handlung vorgenommen hat. Zu beachten ist jedoch, dass der Eintritt der Rechtsverletzung nicht in dem Land stattgefunden haben muss, in dem der Schädiger die schädigende Handlung vorgenommen hat. In diesem Fall kann der Geschädigte das für ihn günstigere Recht wählen.

Zudem gibt es im Falle einer unerlaubten Handlung die Möglichkeit der sogenannten Rechtswahl: Die Parteien können bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten, nach Eintritt des schädigenden Ereignisses, vereinbaren welches Recht anwendbar ist.

Voraussetzungen nach deutschem Recht

In Deutschland wird das Recht der unerlaubten Handlung auch Deliktsrecht genannt und ist in den §§ 823 ff. BGB geregelt. Im deutschen Recht gibt es keine deliktische Generalklausel. Vielmehr knüpft das Gesetz die Pflicht zum Ersatz eines Schadens an verschiedene Tatbestandsverwirklichungen. Darüber hinaus enthält das BGB auch Spezialgesetze, wie beispielsweise das Straßenverkehrsgesetz und das Produkthaftungsgesetz, die bei Vorliegen des jeweiligen Tatbestandes, gegenüber dem allgemeinen § 823 Abs. 1 BGB Vorrang haben.

Die folgenden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, um eine Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 1 BGB zu begründen:

  1. Rechtsgutsverletzung

Zunächst muss ein geschütztes Rechtsgut verletzt sein. Neben den in § 823 I BGB genannten Rechtgütern werden auch sogenannte sonstige absolute Rechte geschützt, wie z.B. der berechtigte Besitz, das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

  • Verletzungshandlung

Unter der Verletzungshandlung ist entweder ein aktives (menschliches) Tun oder ein Unterlassen gemeint. Hinsichtlich des Unterlassens ist jedoch im Rahmen des § 823 I BGB zu beachten, dass nur dann eine taugliche Verletzungshandlung gegeben ist, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestand, wie beispielsweise eine Verkehrssicherungspflicht oder eine Garantenpflicht. In der Praxis kommen Unterlassungshandlungen regelmäßig vor bei Schlechtleistung, Nichterfüllung oder Fehlleistung.

  • Haftungsbegründende Kausalität

Darüber hinaus muss die Verletzungshandlung des Schädigers auch kausal gewesen sein für die Rechtsgutsverletzung beim Geschädigten, d.h. es muss ein Ursachenzusammenhang zwischen diesen beiden Voraussetzungen bestehen.

  • Rechtswidrigkeit

Des Weiteren muss die Handlung auch rechtswidrig iSd. § 823 Abs. 1 BGB gewesen sein. Das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes schließt die Rechtswidrigkeit einer Rechtsgutsverletzung aus. Allerdings indiziert die Verwirklichung des Tatbestandes i.d.R. bereits die Rechtswidrigkeit und muss daher grundsätzlich nicht positiv nachgewiesen werden. 

  • Verschulden

Zudem setzt § 823 Abs. 1 BGB voraus, dass der Schädiger die Verletzung auch zu verschulden hat. Ein Verschulden ist gegeben, wenn der Schädiger die Verletzung vorsätzlich oder fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) herbeigeführt hat. Im Rahmen der Verschuldensfeststellung ist jedoch zu beachten, dass die Verschuldens-/ bzw. Deliktsfähigkeit gemäß den §§ 827, 828 BGB ausgeschlossen sein kann.

  • Rechtsfolge: Schadensersatz gemäß §§ 249 ff. BGB

Wenn alle Voraussetzungen gegeben sind, kann der Geschädigte Ersatz des aus der Rechtsgutsverletzung entstehenden Schadens verlangen. Bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kommen als Rechtsfolge zudem Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung und Gegendarstellung in Betracht. Zu beachten ist zudem, dass Ansprüche aus § 823 Abs. BGB gemäß § 195 BGB nach drei Jahren verjähren.

Voraussetzungen nach niederländischem Recht

Im niederländischen Recht ist die unerlaubte Handlung in Art. 6:162 BW (Burgerlijk Wetboek) geregelt. Schadensersatz auf Grundlage des Art. 6:162 BW kann dann gefordert werden, wenn fünf Voraussetzungen erfüllt sind: unrechtmäßige Handlung, Zurechenbarkeit, Schaden, Kausalität und Relativität.

  1. Rechtswidrige Handlung

Das niederländische Recht unterscheidet zwischen drei Handlungen, die eine unerlaubte Handlung darstellen: eine Rechtsverletzung, eine Handlung oder Unterlassung unter Verletzung einer gesetzlichen Pflicht und eine Handlung oder Unterlassung unter Verletzung dessen, was nach ungeschriebenem Recht in der Gesellschaft üblich ist („gute Sitten“). Eine Rechtsverletzung kann zum Beispiel die Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit umfassen und ist in dieser Hinsicht mit dem deutschen Recht vergleichbar. Ob die Handlung auch rechtswidrig ist, hängt zudem meistens von der Schwere und Dauer der Handlung und den Umständen ab, unter denen die Verletzung eintritt.

  • Zurechenbarkeit

Die unrechtmäßige Handlung muss dem Schädiger auch zurechenbar sein. Eine Zurechenbarkeit liegt vor, wenn der Schädiger sein Verhalten zu verschulden hat oder wenn die rechtswidrige Handlung in seinem Risikobereich liegt.

  • Schaden

Der Geschädigte kann auf Grundlage des Art. 6:162 BW sowohl materielle Schäden also auch immaterielle Schäden („sonstige Schäden“) geltend machen. Auf der Grundlage der Art. 6:95 ff BW ist der Umfang der Entschädigungspflicht gesetzlich zu bestimmen.

  • Kausalität

Auch nach niederländischem Recht muss zwischen der rechtswidrigen Handlung und dem Eintritt des Schadens ein Kausalzusammenhang vorliegen. Die Beweislast, dass ein solcher Kausalzusammenhang gegeben ist, liegt grundsätzlich beim Geschädigten.

  • Relativität

Nach niederländischem Recht muss zudem der sogenannte Aspekt der Relativität bestehen, d.h. die vom Schädiger verletzte Norm muss gerade zum Schutz des verletzten Interesses geschrieben worden sein. Dieses Prinzip ist in Artikel 6:163 BW verankert: „ Es besteht keine Verpflichtung zur Schadensersatzleistung, wenn die Norm welche verletzt wurde, nicht vor Schäden schützt die der Geschädigte erlitten hat. ”.

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Niederländischer Fachanwalt spezialisiert auf Haftungssrecht

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