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Platform Booking.com gilt nach niederländischem Recht als Reisevermittler

Booking.com gilt als Reisevermittler

Am 9. April 2021 hat das Oberste Gericht (Hoge Raad) in den Niederlanden (Den Haag) ein wichtiges Urteil ausgesprochen, in dem es nicht nur um die Funktion von booking.com geht, sondern insbesondere auch um die Frage, ob sich booking.com als Reisevermittler nach niederländischem Recht der betrieblichen Altersvorsorge anschließen muss. Das oberste Gericht in den Niederlanden (de ‚Hoge Raad‘) hat geurteilt: Booking.com gilt als Reisevermittler und muss an der niederländischen betrieblichen Altersvorsorge teilnehmen. Unser auf Vermittlungsvereinbarungen spezialisierter Anwalt bespricht den Fall.

Hintergrund des Urteils in den Niederlanden

Klägerin ist die Stiftung zur betrieblichen Altersvorsorge (Stichting Bedrijfstakpensioenfonds) (im Folgenden: die Stiftung) deren Ziel es ist, Renten an ihre (ehemaligen) Mitglieder und deren Hinterbliebene zu zahlen bzw. die Zahlung von Renten an diese zu veranlassen. Durch die Entscheidung des Staatssekretärs für Soziales und Beschäftigung vom 8. Juni 2015 (neuste Fassung), wurde die Teilnahme an dieser Stiftung für Arbeitnehmer zwischen 21 und 67 Jahren, die in der Reisebranche tätig sind, obligatorisch. Diese Entscheidung enthält genaue Definitionen im Hinblick auf die Reisebranche, über die zwischen den Parteien im Wesentlichen Uneinigkeit besteht.

booking.com agiert als Reisevermittler

Die Stiftung zur betrieblichen Altersvorsorge (Stichting Bedrijfstakpensioenfonds) (im Folgenden: die Stiftung) behauptet, dass booking.com sich der betrieblichen Altersvorsorge anschließen müsse. Dabei berief sie sich auf eine Entscheidung des Staatssekretärs für Soziales und Beschäftigung, wonach Unternehmen, die als Reiseveranstalter oder Reisevermittler tätig sind, verpflichtet sind, ihre Mitarbeiter an der betrieblichen Altersvorsorge teilnehmen zu lassen. Nach ihrer Ansicht sei Booking.com als „Reisevermittler“ im Sinne dieser Entscheidung anzusehen, da die Tätigkeiten von booking.com von der darin enthaltenen Beschreibung umfasst sind.  Nach ihrer Auffassung tritt booking.com im Rahmen seiner Tätigkeit als Vermittler beim Abschluss von Verträgen über Reisen auf.

Der Standpunkt von booking.com: kein Reisevermittler

Booking.com behauptet jedoch, nicht beim Abschluss von Verträgen als Vermittler zu agieren, wie es in der Entscheidung des Staatssekretärs gemeint sei. Vielmehr sind sie der Meinung, dass sie lediglich eine Online-Reservierungsplattform zur Verfügung stellen, auf der Kunden das Angebot an Hotels und Ferienhäusern einsehen, eine Auswahl treffen und dann selbst eine Unterkunft buchen können. Laut booking.com bedeutet die Tatsache, dass die Buchung über ihre Website erfolgt, nicht, dass sie aktiv am Vertragsabschluss beteiligt sind.

Das Urteil des Obersten Gerichts (Hoge RAad)

Entgegen der Ansicht des Landgerichts (Rechtbank) und des Berufungsgerichts (Gerechtshof) Amsterdam urteilte das Oberste Gericht zugunsten der Stiftung und stritt die Argumente von booking.com ab. Zuvor hatten sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht in Amsterdam die Position von booking.com geteilt und aus diesem Grund die Klage der Stiftung abgewiesen. Daraufhin hat die Stiftung gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde (beroep in cassatie) beim Obersten Gericht eingelegt.

Das Oberste Gericht folgt der Ansicht des Generalanwalts De Bock und hielt es für die Einstufung als Vermittlungsleistungen für ausreichend, dass die Aktivitäten von booking.com dazu beitragen, dass der Kunde und der Unterkunftsanbieter einen Vertrag abschließen. Diese Tätigkeiten müssen nicht umfangreich sein und können auch mit Hilfe digitaler Technik durchgeführt werden. Der Zweck der Reservierungsplattform von booking.com bestehe nämlich darin, Kunden zu ermöglichen, Verträge mit Unterkunftsanbietern abzuschließen, die die Einrichtungen dieser Plattform nutzen. Die administrative Abwicklung der Buchung erfolgt ebenfalls über die Website von booking.com. Darüber hinaus sei es ein starkes Indiz, dass booking.com eine Provision vom Inhaber der Unterkunft erhalte, wenn der Kunde über booking.com gebucht und die Unterkunft genutzt hat. Nach Ansicht des Obersten Gerichts bedeutet dieses Geschäftsmodell, dass booking.com beim Abschluss von Verträgen im Bereich Reisen vermittelt und daher ein Reisebüro im Sinne der Entscheidung des Staatssekretärs darstelle.

Aufgrund dieses Urteils wurde das Urteil des Amsterdamer Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur weiteren Entscheidung an das Berufungsgericht Den Haag verwiesen. Das Berufungsgericht muss nun entscheiden, ob booking.com auch die übrigen Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft in der betrieblichen Altersversorgung der Reisebranche erfüllt, und wenn ja, ab welchem Zeitpunkt.

Das Urteil ist nur nicht relevant im Hinblick auf die Pflichten von booking.com hinsichtlich der betrieblichen Altersvorsorge. Es präzisiert auch noch einmal die Funktion von booking.com als Reisevermittler und kann daher beispielsweise auch relevant sein für etwaige vertragliche Haftungsansprüche zwischen dem Kunden und einer Unterkunft, die die Plattform über booking.com verwendet.

auf Vermittlungsvereinbarungen spezialisierter Anwalt

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E-Mail: mail@maakadvocaten.nl


Remko Roosjen

Remko Roosjen

Remko leitet das Team Handelsrecht in Amsterdam bei MAAK als Anwalt für Vertragsrecht in den Niederlanden und ist Mitglied des German Desk der MAAK. Aufgewachsen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet, kennt Remko die kulturellen und rechtlichen Unterschiede zwischen beiden Ländern und setzt dieses Wissen ein, um seine Mandanten in grenzüberschreitenden Fällen auf Deutsch optimal zu beraten und in juristischen Prozessen in den Niederlanden zu vertreten. Website Profil anschauen oder LinkedIn Profil anschauen.